Im Januar 2022 waren ich (Nicole) und meine Mutter (Amy) zu Besuch beim Projekt. Wenn man fragt, wie es war, könnte ich viele schwierige Dinge auflisten: Es war Trockenzeit, also war es aber sehr staubig und heiß in der prallen Sonne (etwa 36 Grad Celsius). Wir übernachteten in einem schönen Gästehaus, allerdings waren die Straßen so schlecht, dass man von dort aus mindestens 1,5h fahren musste, um zum Center zu kommen – pro Strecke! Weil es auf dem Grundstück Giftschlangen gab mussten wir in der Hitze Gummistiefel tragen, trotz der Hitze. Aber das Schlimmste war, dass ich eine Sache dummerweise vergessen hatte: Sonnencreme! Bis wir vor Ort etwas Ersatz finden konnten, fingen ich und meine Mutter uns den schlimmsten Sonnenbrand unseres Lebens ein. Und gegen Ende der Reise erkrankte ich auch noch an Corona, also mussten wir – in Kampala – unsere Reise um eine Woche verlängern und diese in Quarantäne verbringen. Das war ganz sicher kein Entspannungsurlaub!
Aber nichts davon konnte mich daran hindern, eine total begeisternde und inspirierende Zeit zu haben: Als wir zum ersten Mal durch die gefühlte Wildnis (es waren in Wirklichkeit kleine Bananen- und Kaffeeplantagen fernab der Hauptstraße) fuhren, roch man den süßen Duft der Kaffeeblüten, sah Familien bei ihren Lehmhäuschen, oder Kinder bei der Dorfschule. Der Bewuchs war so dicht, dass er das Auto streifte, weiter und weiter, bis die Bäume sich lichteten und man eine weite Fläche sah, mit einem großen Gebäude: Wir konnten endlich das Center mit eigenen Augen sehen, das Gefühl war unbeschreiblich!
Wir waren froh, dass bereits ein Küchengebäude mit 10000 liter Wassertank, eine provisorische Komposttoilette und ein Schattengewächshaus da waren. Außerdem sind viele neue Backsteine hergestellt worden, die wir bald für neue Bauprojekte nutzen können. Der Teich steht noch leer, aber das Loch dafür ist schon ausgegraben!
Aber wir waren nicht nur als schaulustige Besucher gekommen, sondern haben auch was gearbeitet:
Wir haben z.B. den Frauen beigebracht, Hochbeete zu bauen und natürlichen Kompost herzustellen: Ohne guten Boden gibt es keine gute Ernte. Der normale Boden vor Ort ist sehr lehmig, enthält also wenig Nährstoffe und ist nicht sehr wasserdurchlässig. Viele Bauern verwenden künstliche Dünger und Umgraben, um das auszugleichen, aber das ist weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig. Es tötet viele Insekten und Bakterien, die das ganze Ökosystem im Gleichgewicht halten. So wird langfristig die Gesundheit der Pflanzen zerstört, man hat weniger nahrhaftes Essen, und ein höheres Risiko für Dürre und Überschwemmungen.
Kompost wird dagegen mit den eigenen Agrarabfällen hergestellt, somit fallen die Kosten für Dünger weg und man verwertet, was man hat: man mischt Erde, Biomüll und Mist und lässt alles 6-12 Monate sich zersetzen. Der Kompost ist dann fertig, wenn ein lockerer, nicht stinkender, dunkler Boden dabei rauskommt. Die Frauen haben direkt dieses Wissen angewendet und innerhalb weniger Tage mehrere Hochbeete gefüllt – beeindruckend!
Wir haben zudem beigebracht, wie man Gemüse aussät und ein paar der Samen nach der Ernte als neue Saat aufbewahrt. Das mag nach offensichtlichem Wissen klingen, ist aber nicht selbstverständlich: Wer von der Hand in den Mund lebt, lernt nie, für seine Zukunft vorzusorgen. Außerdem ist dieses Prinzip von Saat einsparen nur wirksam, wenn man stabile/alte Sorten nutzt (sog. „sortenreine“ Saat). Der moderne Markt für Saat wird aber von großen Konzernen dominiert, die Hybrid/GMO-Saat verkaufen – diese Saat bringt kurzfristig mehr Ertrag, aber man muss jedes Jahr neue Saat kaufen und zugehörige Dünger und Pestizide dazu.
Und am Ende unserer Zeit beim Center haben wir auch den Kindern beigebracht, „Ecobricks“ herzustellen: Plastikflaschen, die mit Plastikmüll und trockener Erde gefüllt sind. Wir haben den Kindern pro Flasche 1000 Shilling (umgerechnet 25 Cent) gegeben – das reicht, um eine Cola zu kaufen. In Uganda verursachen die Leute weniger Müll als in Deutschland, doch sie haben keine Müllabfuhr oder angemessenen Recyclinganlagen. Also schmeißen Leute ihren Müll überall hin oder verbrennen ihn, was soll man sonst machen? So hoffen wir, dass die Ecobricks einen Beitrag dazu leisten, ein Bewusstsein für Umweltschutz zu stärken. Die Kinder haben schonmal sehr eifrig die Flaschen gefüllt und waren alle stolz, als sie ihr Taschengeld in Händen hielten!
Bevor wir das Center verließen habe ich noch die Kinder für Patenschaften fotografiert oder Material für einen Werbefilm gedreht. Dann fuhren wir nach Kampala, um die Kleidungsgeschäfte zu besuchen und auch dort Fotos und Videos zu machen. Wir kauften viele der Produkte, die die Frauen während der Lockdowns hergestellt hatten: Puppen, Taschen, Röcke, Ketten, Körbe… und ich und meine Mutter bekamen maßgeschneiderte Blusen!
Leider wurde ich kurz vor Abreise krank, und ein Coronatest schaffte Klarheit: positiv! Ich und damit auch meine Mutter mussten in Quarantäne und wurden von der Leiterin mit Essen versorgt. Das war zum einen etwas langweilig, zum anderen aber entspannt: wir waren im 8. Stock eines Hochhauses, also flogen Vögel an unserem Balkon auf Augenhöhe vorbei. Und die Aussicht war v.a. Nachts herrlich! Nach ein paar Tagen war ich wieder negativ, also konnten wir endlich nach Hause fliegen. Ich weiß nicht, wann wir als nächstes wieder hinreisen können, aber diese Reise war was ganz Besonderes!