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Die Bäume stehen hoch und eng um das Ausbildungscenter. Sie sind Zeugen von allem, was sich in der Gegend geschieht. Und in den vergangen paar Tagen wurden sie Zeugen eines Verbrechens, was dann zum Wunder für 30 Familien wurde …

Unsere Frauen waren letzte Woche bei der Arbeit im hinteren Teil des Geländes. Da regte sich etwas im Gestrüpp der anderen Seite des Feldes, etwa 150m entfernt, Richtung Eingang. Die Frauen sahen es aus dem Augenwinkel und riefen wütend durcheinander: „Halt, bleibt stehen!“ „Haltet die Diebe!“

Eine aufgebrachte Gruppe rannte nach vorn, doch es war schon zu spät: ein paar ältere Jungs aus der Nachbarschaft hatten einen Sack Ingwer vom Feld ausgegraben und verschwanden gerade hinter dem Zaun. Die Wächter des Centers nahmen die Verfolgung auf, im Labyrinth der Bäume, Termitenhügel, Trampelpfade und Lehmhütten. Schneller und schneller rannten sie den Jugendlichen hinterher, bis sie die Diebe gefasst hatten.

„Haben wir euch! Solltet ihr euch schämen! Mal sehen, was der Dorfälteste davon hält!“

Die Eltern der Diebe bangten und die Jungs zitterten vor Angst: In Uganda ist die Strafe für Diebstahl häufig gnadenlos. Ein aufgebrachter Mob konnte dich zusammenschlagen oder gar töten. Und selbst wenn die Polizei mit der Verhaftung dich aus der Hand des Mobs retten würde… ohne Lösegeld könnten die Jungs ihr restliches Leben in einem Gefängnis verrotten.

Die Frauen des Centers hielten Rat mit dem Ältesten.

„Es ist nicht in Ordnung, dass unsere Nachbarn von uns stehlen“, meinte die eine.

„Aber wir wissen, warum sie es taten“, fügte die andere hinzu.

Die Jungs schauten zu Boden und gaben es wimmernd zu: „Ja, es stimmt. Wir wollten den Ingwer verkaufen und mit dem Geld was zum Essen holen … unsere Eltern hatten keine erfolgreiche Ernte und wir haben Hunger.“

Der Dorfälteste und Frauen sahen die Diebe traurig an. Letztes Jahr ist ein Kind im Dorf verhungert, und viele andere Menschen litten bitter unter Mangelernährung. Und weil sie sich nicht einmal Saatgut leisten konnten, hatten sie kaum eine Chance, daran was zu ändern.

Der Leiterin unseres Projekts sprach die Jungs ruhig an: „Habt keine Angst, wir werden euch nicht der Polizei übergeben. Wir hätten wahrscheinlich an eurer Stelle dasselbe getan. Ihr könnt gehen, aber tut so etwas nie wieder, verstanden?“

Die Jungs nickten hastig und verließen erleichtert mit ihrer Familie die Versammlung.

Das Treffen ging zu Ende, doch damit war das Problem nicht vorbei.

„Wir können nicht riskieren, dass mehr Kriminalität oder gar Banden hier auftauchen.“

„Und es kann nicht sein, dass wir unsere Arbeit aufbauen, während viele Familien hungern. Was können wir machen?“

Die Ideen gingen ein paar Tage hin und her. Inzwischen hatte auch unser Team in Deutschland von dem Vorfall mitbekommen, so suchten alle gemeinsam nach einer Lösung. Bald trafen wir eine Einigung: „Sagt dem Dorfältesten, dass er sich die 30 bedürftigsten Familien der Gegend aussuchen soll. Wir können es uns nicht leisten, ihnen Mahlzeiten zu stellen. Aber wir werden ihnen Saatgut geben, damit sie diese Regenzeit ihr eigenes Essen anbauen können.“

Und so kam es. Unsere Frauen kauften zügig Säcke voll Bohnen, Mais und Kürbiskernen. Sie verteilten es gleichmäßig in Tüten und machten sich mit der Saat auf den Weg durch’s Dorf.

Als sie beim Haus der Diebe ankamen, stockten den Eltern der Jungs der Atem: würden wir die Kinder doch verhaften lassen?

Doch eine unserer Frauen reichte der Mutter eine Tüte Samen und lächelte: „Damit ihr eure eigene Ernte anbauen könnt.“

Es sah vielleicht nicht nach viel aus, doch dieses Päckchen Saat trieb der Mutter Tränen ins Gesicht: Mit dieser Tüte kam Hoffnung ins Haus. Die Mutter hatte Tod erwartet, doch sie nahm nun ein Zeichen des Lebens in die Hand und weinte vor Freude.

So wurden am gestrigen Tag die Bäume zu Zeugen eines kleinen Wunders: aus dem Diebstahl einiger Kinder wurde Hoffnung auf Leben für 30 Familien.

 

Es kostet umgerechnet 25 Euro, um eine Familie mit Saatgut zu versorgen. Falls ihr eine der 30 Familien mit Saat unterstützen wollt, könnt ihr mit dem Betreff  „Saat“ an das Vereinskonto spenden (siehe Website Button). Danke!

 

 

 

Nicole Heymann

Author Nicole Heymann

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